ja oder nein?

Paula wird bald einen Beistand brauchen. Noch haben wir ein wenig Zeit.
Ich soll es mir überlegen. Ja klar.
Schon vor bald zwei Jahren hat sich Paula gewünscht, dass ich ihre Angelegenheiten übernehme. Aber ich bin dazu bereit?

Ich bin nun in dem Alter, in welchem andere Frauen pubertierende Töchter und Söhne haben. Ich habe keine Kinder. Ich habe Paula, die sich darauf verlässt, dass ich das richtige tue. Die meisten Menschen treffen Entscheidungen für die Zukunft.

Doch was ist das richtige?
Was ist das Erbe meiner Familie mütterlicherseits, das ich übernehme?
Kann ich die Verantwortung für meine Paula tragen?

Paula und ich haben über so vieles gesprochen: ihre Beerdigung, ihren Grabstein, die Musik an der Trauerfeier. Aber wir haben nie darüber gesprochen, was sein wird, wenn sie nicht mehr alleine über ihr Leben entscheiden kann.

4 Gedanken zu “ja oder nein?

  1. Das ist so schwierig, so verflucht schwierig.
    Ich drehe die Frage mal um: Könntest Du damit leben, wenn jemand Anderes nach seinem Gutdünken in Paulas Angelegenheiten entscheiden würde, eventuell gar ein von Amtes wegen gestellter Beistand?
    Wenn Du die Beistandsschaft übernähmst, hättest Du selber jemand, der Dir den Rücken stärkt, und Deine Energien wieder auffüllen helfen kann?
    Ich wünsche Dir Weisheit und Ruhe, um die richtige Entscheidung treffen zu können.

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  2. Ich stimme Katharina zu. In Deutschland gibt es sogenannte „Betreuungsvereine“, die einen in vieler Hinsicht informieren und unterstützen. Das betrifft aber nur die praktische Seite.
    Was ich sehr viel schwieriger fand, war die emotionale Seite. Ich hatte für alle Bereiche, die möglich sind, die Betreuung (Vermögenssorge, Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmungsrecht …). Noch nach Jahren fiel es mir schwer, wenn die Mitarbeiter des Heimes fragten, ob meine Mutter am Ausflug auf den Tierbauernhof mitmachen darf, welche Impfungen und medizinischen Maßnahmen durchgeführt werden sollen etc.

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  3. eine grosse aufgabe – wenn du bei bedarf fachliche hilfen im rücken hast, aber bestimmt machbar, und bei deinem verhältnis zu paula letzlich auch dankbar

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  4. Ich habe gemeinsam mit meiner Schwester nun seit einem Jahr versucht, mit meinen Eltern alle diese Fragen einmal vorzubesprechen und vorzuentscheiden. Vergeblich. – Meine Eltern (77 und 80) sind zwar von Hilfsbedürftigkeit bedroht, aber noch selbständig und waren ihr Leben lang sehr autonom und frei. Immer wenn ein Termin anberaumt war, ging etwas schief. Nie kam es dazu, dass tatsächlich Entscheidungen getroffen werden konnten, oder gar die Bögen ausgefüllt wurden. – Nun haben wir als Geschwister einmal genau diese Frage gemeinsam durchdacht, was es denn mit uns machen würde, wenn wir, oder eins von uns, nun tatsächlich zuständig würden. – Und siehe da, auf einmal war die Vorstellung, ein Berufsbetreuer würde sich der Sache einmal annehmen, gar nicht mehr mit Furcht, sondern eher mit Dankbarkeit und Entlastung besetzt. Wir haben einen Perspektivwechsel erlebt, mit dem wir nicht gerechnet hatten. Nun gibt es eine neue Motivationslage. Nicht jeder Mensch möchte um jeden Preis „gerettet“ werden. Ein Erbe kann man auch ausschlagen. In einem anderen Kontext (beruflich, in der Jugendhilfe) habe ich sehr gute Erfahrungen mit Berufsbetreuern gemacht. Die persönliche Beziehung zu eher eigensinnigen, aber baufälligen Eltern, könnte durch eine personelle Trennung in administrative und persönlich-menschliche Betreuung auch enorm entlastet werden. – Wir denken nun erst mal neu nach. Bisher waren wir eher auf dem Trip, dass wir unsere Eltern vor dem Staat retten müssen. Nun sehen wir auch die Option, dass uns der Staat vor unseren Eltern retten kann. Diese beiden Aussagen treffen es beide nicht recht und sind zu akzentuiert, aber in diese Richtung können wir nun auch denken. Mal sehen, wie der Prozess weitergeht.
    Irgendwie ist nun auch klarer, dass da 2 Prozesse parallel laufen. Unser Erwachsen-werden (ha ha – mit 46 Jahren) und das Verfallen/Vergreisen der Eltern.
    Mir tut diese Seite gut! Vielen Dank dafür!

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